Car Spam Card Collection

2012 / 2022

Edwin Scharff Museum, Neu-Ulm

Car Spam Card Collection

Oliver Gather beschäftigt sich mit dem menschlichen Miteinander. „Ich kaufe Ihr Auto!“: So steht es auf Visitenkarten, die Second-Hand-Autohändler hinter die Scheibenwischer klemmen. Für seine Car Spam Story (2012) hat er diese Massenprodukte gesammelt, modifiziert und irritierenderweise als Aquarell und Unikat gestaltet. Ähnliche Karten von Gather werden in Neu-Ulm wieder den Weg zurück an die Windschutzscheiben finden. Die Car Spam Card Collection besteht aus knapp 1000 verschiedenen Karten, die Autohändler im Stadtraum hinterlassen haben. Von der Straße aufgesammelt, werden sie wie eine urbane Schmetterlingssammlung in eigens angefertigten Sortierkästen präsentiert.

„(…)Diese Nebenprodukte der Dienstleistungsgesellschaft werden liebevoll aufgelesen und in eleganten Holzkisten zusammen getragen. Gather recycelt also das Recyclingsangebot von Second-Hand-Händlern und wertet es auf – schon durch seine bloße Aufmerksamkeit. In seiner Wunderkammer des Trivialen entwickelt er dann eine Taxonomie der Kärtchen, die nach Anbieter, Farben, Bildmotiven oder rhethorischen Formeln klassifiziert werden. Diese penibel und konzentrierte Tätigkeit, (…), gepaart mit dem systematischen Vorgang der Klassifizierung, lädt plötzlich die unbeliebte Werbung mit einer neuen Wertigkeit auf und stellt sie auf den Podest des Edlen und Wertvollen.(…) Natürlich geht es hier auch um die Statusfrage des Ausgestellten, bzw. gesammelten Objektes und um die Legitimität mancher Kunstwerte. Aber es scheint eher das Interesse an soziologischen Phänomenen zu sein, die den Künstler zu dieser absurden Tätigkeit führt. Diese Karten verweisen nämlich nicht nur auf das Geschäft mit gebrauchten Wagen hin; sie sind die konkreten Spuren des Verteilers, der durch die Stadt geht und sich gezwungenermaßen die Straßen aneignet. Wie Hänsel und Gretel hinterlässt er Spuren aus buntem Plastik; unbewußt markiert er seinen Weg und macht seinen Parcours sichtbar – Gather läuft nach und hält den Streifzug fest. Ich weiß, dass Gather sich für diese Art von winzigen, unbedeutendsten Spuren unserer Zivilisation interessiert, und dass er auf solche gesellschaftliche Mikrointeraktionen besonders achtet und sie in seine Arbeit integriert; ich weiß, dass Gather diese ansonsten unbeachteten Spuren als Indikatoren unserer Beziehung zum Raum versteht. In dieser Hinsicht ist diese kleine Ausstellung der originelle Beitrag eines Künstlers zur Mikrosoziologie.“ (Emmanuel Mir).

Sonderausstellung: Edwin Scharff Kunstmuseum. Aussenräume – InnensichtenProjekte, Ideen und Fragen zum öffentlichen Raum

Museen bieten der Kunst einen geschützten Freiraum, aber im öffentlichen Raum gibt es ganz andere Anforderungen. Das hat Künstler:innen immer wieder beschäftigt. Im Neu- Ulmer Edwin Scharff Museum führt eine Ausstellung sechs unterschiedliche Sichtweisen dazu zusammen. Die ausgewählten Arbeiten von Max Erbacher, Oliver Gather, Gigo, Christian Hasucha, Uschi Huber und Dagmar Schmidt thematisieren das Geschehen im städtischen Umfeld.

Sie fragen nach der Wahrnehmung des öffentlichen Raums, skizzieren Möglichkeiten für Skulpturen und Aktionen, dokumentieren und reflektieren in Gang gebrachte Ereignisse und wahrgenommene Situationen. Das Besondere: Alle beteiligten Künstler:innen waren bereits in Neu-Ulm aktiv. Ihre künstlerischen Streifzüge ermöglichten neue Blicke auf die vermeintlich vertraute Stadt, regten die Teilnehmer:innen zu offener Wahrnehmung an, zum Austausch über den Stadtraum und die dort vorhandene Kunst. (Johannes Stahl)

 
 
 
 
 
 
 

Ausstellungsansicht Edwin Scharff Museum, Neu-Ulm: Texte, Skulptur, Aquarelle, Vinyl.

Aufbau